Weniger Parteienstaat, mehr demokratische Volksvertretung!

1. Februar 2024Kategorien: Dr. Hans-Christoph Berndt, Lars Hünich, Presse

+++ Pressemitteilung: AfD-Fraktion im Landtag Brandenburg bestätigt, dass sie den „Parteienstaat“ abschaffen will +++

Gestern meldeten einige Medien unter Berufung auf einen Redebeitrag des AfD-Abgeordneten im Landtag Brandenburg, Lars Hünich, MdL, die AfD wolle den Parteienstaat abschaffen (Die AfD will „den Parteienstaat abschaffen“ (bz-berlin.de)).

Stellungnahme des Abgeordneten Lars Hünich, MdL:

„‘Parteienstaat‘ ist ein in der Staatstheorie feststehender Begriff für eine Form der systematischen Korruption, bei der politische Parteien alle Organe des Staates durchdringen und in ihrem Sinne umfunktionieren. Parlamente werden im Parteienstaat von Volksvertretungen zu reinen Zustimmungsgremien für parteipolitische Interessen. Das ist exakt das, was wir in den letzten Jahren in Deutschland beobachten konnten. Ja, diesen Parteienstaat wollen wir abschaffen, unserem Grundgesetz und unseren Parlamenten endlich wieder zur vollen Geltung verhelfen und wesentlich mehr Instrumente direkter Demokratie nach Schweizer Vorbild einführen, wie etwa Volksentscheide auf Bundesebene und die Wahl des Bundespräsidenten durch das Volk. Weniger Parteienstaat, mehr demokratische Volksvertretung: Dafür setzen wir uns als AfD-Fraktion ein.

Stellungnahme des Fraktionsvorsitzenden Dr. Hans-Christoph Berndt, MdL:

„Das Grundgesetz sieht einen Einfluss der Parteien auf die staatlichen Institutionen vor, nicht aber jene Dominanz, die wir heute beobachten. Eines unserer Hauptanliegen als AfD-Fraktion ist es, den Einfluss der Parteien wieder auf ihre eigentlichen Aufgaben zurückzufahren und die Volkssouveränität sowie die Unabhängigkeit der Legislative, Judikative und Exekutive durch mehr Instrumente direkter Demokratie zu stärken. Auch das ist kein Verbrechen, sondern ein Versprechen.“

Information

(aus Parteienstaat – Wikipedia):

Ein „Parteienstaat“ ist ein Staat, in dem die durch imperatives Mandat an ihre Parteien gebundenen Abgeordneten („Fraktionsdisziplin“) im Parlament nur noch die bereits abseits der Öffentlichkeit in Ausschüssen oder Parteikonferenzen getroffenen Entscheidungen ratifizieren. Er hat eine besondere Struktur in der modernen westlichen Demokratie, er wird gedeutet als Ergebnis eines unumkehrbaren Strukturwandels vom liberal-repräsentativen parlamentarischen System zur parteienstaatlichen Massendemokratie. Damit geht der Charakter der selbstständigen Willensbildung und Entscheidungsfindung im Parlament verloren.

Der Volks- oder Gemeinwille wird damit vor allem von den politischen Parteien geprägt. Den Parteien wird eine ausgeprägte Selbstbedienungsmentalität der Parteien und Parteipolitisierung des Beamtentums nachgesagt, zudem die Bildung eines Kartells der Parteieliten – eine „politische Klasse“, die nur aus selbstsüchtigen Gründen an der Systemerhaltung interessiert ist. Nicht wenige deuten dies als „Verfallserscheinung der Republik“ und als demokratiewidriges Emporkommen eines fast „absolutistischen Caesarismus des oder der Parteiführer“. (…)

In Deutschland gilt der Marsch der Parteien durch die Institutionen des Staates als besonders bedenklich, sie haben es sich mit staatlichen Geldern komfortabel eingerichtet; übertroffen wird dies noch von Österreich, wo Parteien Funktionäre in zahlreiche halbamtliche Interessenvertretungen delegieren (Austrokorporatismus). In der Schweiz hingegen ist die Ausprägung durch die starken direktdemokratischen Elemente viel schwächer. (…)

Der Parteienstaat wird zum vollständigen Parteienstaat, wenn sich alle Staatsgewalten – Legislative, Exekutive und Judikative – ausschließlich in den Händen formierter gesellschaftlicher Kräfte wie der politischen Parteien befinden.Diese Art eines Gesellschaftssystems wird auch „Parteienherrschaft“ genannt.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden Tendenzen zur Parteienstaatlichkeit auch kritisiert von Erich Koch-Weser, Carl Schmitt, Othmar Spann und Oswald Spengler, hingegen in der zweiten Hälfte gerechtfertigt durch die Parteienstaatslehre des Gerhard Leibholz.“

(Hervorhebungen: Pressestelle der AfD-Fraktion)

Literatur

Hans Herbert von Arnim: Politische Parteien im Wandel – ihre Entwicklung zu wettbewerbsbeschränkenden Staatsparteien – und was daraus folgt. Duncker & Humblot, Berlin 2011, ISBN 978-3-428-13734-3 (94 S.).

Hans Herbert von Arnim: Die Hebel der Macht – und wer sie bedient – Parteienherrschaft statt Volkssouveränität. Wilhelm Heyne, München 2017, ISBN 978-3-453-20142-2 (448 S.).

Manfred G. Schmidt: Demokratietheorien – Eine Einführung. Lehrbuch. 4. Auflage. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-16054-2, 21.1 „Parteienstaat“, S. 356–358 (571 S., Erstausgabe: 1995).

Weblinks

Peter LöscheParteienstaat in der Krise (Memento vom 13. Juli 2016 im Internet Archive), Vortrag und Diskussion einer Veranstaltung des Gesprächskreises Geschichte der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn am 19. August 1999

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